Rostige Waffeln

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Tag 14, Wima Rally 2019, 18.8.2019

Heute, der letzte Fahrtag auf fremden Terrain. Am Abend will ich in Düsseldorf in den Reisezug nach Innsbruck steigen.
Aber zuerst gibt es ein gewaltiges Frühstücksbuffet, belgischer Art. Das bedeutet: English breakfast mit Waffeln angereichert. Gut, dann gleich für den Tag richtig an essen.
Ich muss mich jedoch bald aufraffen. Um 8:00 komme ich mit meinem Gepäck wieder zum klatschnassen Motorrad, das vor dem Hotel geparkt ist. Erst jetzt sehe ich, dass ich auch das Navi am Motorrad gelassen habe. Sehr anständig die Belgier, es ist noch da! 🙂


Normalerweise würde ich ja am Abend die Route ins Navi einpflegen, aber von hier nach Brügge ist es ja nur noch ein Katzensprung, daher nicht zu verfehlen.
Brügge, die wunderhübsche Stadt, verdankt ihre Pracht einem Unglück. Irgendwann mitten in der prosperierenden Zeit des Flandrischen Handels (16 Jhd), verlandet ihr Seekanal  und von einem Moment auf den anderen setzt der Seehandel für die Brügger Kaufleute aus. Aus der Not heraus wird nichts modernisiert und so ist bis heute der Mittelalterliche Ortskern beinahe unverändert erhalten. 
Ich war schon einmal in Brügge, zufällig nach dem Erscheinen des Films:  „In Bruges
Das war 2009, also vor 10 Jahren. Damals war ich ebenfalls auf der Durchreise, aber in die Normandie. Wir besuchten damals auch ein englisches Theater, das genau diesen Film nachspielte. Auch der Film, den ich mir nach der Rückkehr angeschaut habe war genial – aber, so wie immer nur in der OV Variante, da sonst die Pointen verloren gehen.
Ok, aber ich nähere mich Brügge auf mir unbekannten Wegen und auch die Zufahrt zum Ortskern ist spannend. Ein, zwei Mal passiere ich auch Schilder, die ein wenig nach Fahrverbot aussehen, aber da der flandrische Text unmöglich lesbar ist, fahre ich im Zweifel halt einfach weiter.  So wie immer…
Es ist so zeitig, dass ich davon ausgehe, dass wegen der vielen Lieferfahrzeuge, die in die gleiche Richtung fahren, auch die überall montierten Kameras nicht scharf geschalten sind. (Zu recht, wie ich Monate später feststellen darf)
Es gilt die spannende Frage zu klären, ob das Brugge Hondje wieder  existiert  

Und ich wollte eigentlich auch wieder bei den Waffeln richtig zuschlagen, aber nach diesem Frühstück, keine Chance.
Ich parke das Motorrad gleich beim Kanal, gegenüber dem Erker, der normalerweise den Labrador mit Blick aus dem Fenster hatte. Aber leider nichts. Vielleicht liegt es auch am Regen? Vielleicht ist es aber auch einfach zu schwierig gewesen, einen 2. Hund zu finden, der fast den ganzen Tag im Fenster liegend, zum Wahrzeichen mutiert.


Ich schlendere daher durch die verlassene Innenstadt, erkenne da und dort bereits bekannte Ansichten und suche mir natürlich, in alter Tradition, ein Geschäft mit Sticker in Landesfarben für meinen Koffer. Langsam wird der Platz eng.  😉


Jetzt wird es Zeit das Navi wieder in Betrieb zu nehmen. Zuerst um aus dem Ortszentrum wieder heraus zu finden, und dann um in Richtung Antwerpen, Eindhoven, Nimjegen und Arnhem auf die andere Rheinseite zu gelangen.
Von dort soll es einfach den Rhein entlang nach Düsseldorf gehen.
Während ich das so programmiere sehe ich auch Duisburg entlang der Route. Duisburg? Da war doch was?
Ich bin mir fast sicher, dass die 2020 Wima PreRally  dort stattfinden soll. Ich checke es sicherheitshalber via Wima Germany Webseite und die bestätigt das. Also programmiere ich gleich den Landschaftspark Nord auch en Route ein.
Die Fahrt selbst ist wenig ereignisreich.
Es regnet, es regnet heftig, es regnet wenig, es regnet… wäre wohl eine passende Beschreibung.
Immer nur kurz unterbrochen von Foto-, Tank- und WC Stopps.
So komme ich nach ca. 4 1/2 Stunden Fahrt am Landschaftspark Nord an.


Im Regen schaut es trostloser aus, als im Promotion Video. Die Anlage ist auch fast Menschen leer.
So wandere ich zwischen den massiven rostigen Stahlträgern, Kesseln, Leitern, Kohlebunker, etc… umher. Schaue und fotografiere die einzelnen Highlights wie Sommerkino, Kletterwände, Tauchaquarium, Cafe und Herberge durch.
So, damit kann ich mir vielleicht einen Besuch im nächsten Jahr sparen!  😉
(Anmerkung: Die PreRally 2020 ist zum heutigen Tag 25.04.2020 bereits abgesagt. Für die Hauptrally im 250km entfernten  Wilnsdorf besteht noch eine klitzekleine Hoffnung)

Nach dieser Rundtour geht es weiter im Regen nach Düsseldorf. Jetzt habe ich noch Zeit bis zur Abfahrt und Düsseldorf selbst lädt so überhaupt nicht zum Sightseeing ein.
Ich erkunde zuerst den Platz der KFZ Verladestelle am Hauptbahnhof und suche mir dann im Türkischen Restaurant Izmir einen Platz zum Trocknen, Aufwärmen und Tagebuch weiter schreiben.
Das Lokal ist gut besucht und die Wartezeit für das Essen ist etwas lang. Dafür sind die Speisen dann umso besser. Fast habe ich ein schlechtes Gewissen einen Platz so lange zu besetzen, aber, da die meisten sowieso zu zweit kommen ist mein Einzelplatz sowieso nicht so gefragt.
Das Personal ist (entgegen der Rezessionen auf Google) sehr freundlich und lässt mich in Ruhe:
Vielleicht weil ich so komplett feucht und erkältet ausschaue?
Das einzige, was ich dem Personal eventuell vorwerfen könnte ist: Sie sprechen so lupenreines Düsseldorf Deutsch, dass es schon fast weh tut.


Ich probiere normalerweise immer wieder meine rudimentären Türkisch Kenntnisse in solchen Lokalen aufzufrischen, aber hier stoße ich nur auf taube Ohren.
Nach 2 Stunden bin ich satt, trocken und wieder soweit mit Lebensgeist  gefüllt, dass ich zur Verladestation aufbreche. In ca. 20min soll das Verladen starten.
An der Verladestelle stehen schon mehrere Autos und Motorräder, aber die Spur 4 ist noch komplett frei und deshalb parke ich gleich dort am Start.  Danach plaudere ich mit den anderen Motorrad Fahrern. Auch eine Fahrerin aus GB ist dabei, die mit ihrem Lebensgefährten aus Ö nach Zell am See wollen. Da der Brexit droht und ihr Lebensgefährte eventuell dann GB verlassen muss, wollen sie Urlaub und Jobsuche (für sie) gleich auf einmal abdecken. Sie überlegen sich ernsthaft nach Österreich auszuwandern.
Das Verladen beginnt etwas verspätet. Das tut aber auf Grund der Plaudermöglichkeit und der hervorgekommenen untergehenden Sonne gar nicht weh.
Der Waggon mit den Abteilen ist gleich nebenan und wird von mir in gewohnter Manier gleich in Beschlag genommen.

Alle Geräte aufgeladen, das Tagebuch ergänzt, das Frühstück für morgen gewählt. Aber irgendwie seltsam, der Zug fährt noch immer nicht?  Irgendwann, so ca. 1 Stunde später setzt sich der Zug, in Bewegung.
Ich hoffe nur, die Ankunft morgen Früh in Innsbruck ist einigermaßen pünktlich.
Und so lasse ich mich, auf eisernen Rädern, zurück nach Österreich bringen.

Wetter: 11°-13°, Regen, Regen, letzte Stunde Sonne
Strecke: 400 km
Verkehr: viel

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