Wale(s)

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Tag 6, Anreise Wima Rally 2019

Nach der gestrigen Tagesetappe  muss es heute etwas gemütlicher werden.
Das Gewand ist, mit Ausnahme der Stiefel, durchgehend trocken geworden. Meine „Trockenstation“ hat gewirkt.  🙂

Ich starte früh, ohne Frühstück,  alle Geschäfte sind geschlossen, die Straßen sind leer.
Ich habe heute die einzige Großstadt am Weg und da möchte ich zeitig vorbeifahren.

Es ist noch frisch, aber da es leicht nieselt habe ich sowieso das Regenzeugs angezogen und so ist der noch immer starke Wind nicht so unangenehm. Ich muss nach Bristol, das noch schläft, und dann über die Hafenbrücke, wenn ich nicht den Severn River bis Glouchester folgen will.
Die Prince of Wales Bridge ist die richtige Einstimmung auf Wales. Wind inklusive. Die blinkenden Geschwindigkeitsanzeigen für den Autoverkehr vor und auf der Brücke zeigen 30miles an und mehr geht tatsächlich nicht, ohne gleich 2 Fahrspuren zu brauchen.
Jetzt ein Segel und ich komme bis  Birmingham ohne einen Tropfen Benzin.  😉

Da ich aber nach Westen will, lasse ich das Segel  in der Hecktasche und begebe mich mit Motorkraft zuerst an der Küste entlang in Richtung Newport und dann weiter in Nord-Westen.
Natürlich wieder mit Regen als laufender Begleiter. Meine Stiefelgamaschen, großer Faupas von gestern, werden diesmal angelegt und so werden die Stiefel zumindest nicht noch feuchter.
Ab jetzt geht es fast nur noch über ganz kleine Straßen. Der Regen ist jetzt wieder heftig geworden, trotzdem bleibe ich das erste Mal zum Tanken erst bei der Derwydd Garage stehen.

Die Tankstelle ist unscheinbar, aber auf meinem Weg zur Toilette finde ich eine Sammlung von Superbikes verschiedener Fabrikate und Jahrzehnte in der Halle hinter der Tankstelle aufgestellt.  Ich spreche den Besitzer darauf an, und er erklärt mir – in einem breiten walisischen Akzent (unheimlich schwer zu verstehen), dass er selber Rennen fährt und das eine Sammlung seiner bisherigen Fahrzeuge ist.  Danach fragt er natürlich auch nach dem woher – wohin und wir unterhalten uns ein wenig während ich auftrockne und auftaue. Diesmal kaufe ich sogar einen Müsliriegel aus dem Regal. Irgendeine Form von Energie brauche ich unbedingt für die weitere Etappe.

Ich habe auf Google eine kleine Sandbucht gefunden. Eigentlich, weil ich dachte, das wäre etwas für einen warmen Tag. Na ja, das Wetter ist jetzt nicht gerade warm, oder trocken. Aber diese Bucht möchte ich am Weg trotzdem mitnehmen.
Die Penbryn Beach ist nur durch eine ca. 3 km single lane Zufahrt erreichbar. Laufend kommen mir Wohnmobile entgegen und ich überlege mir schon die Aktion abzubrechen, aber spätestens ab dem Plwmp Tart (wirklich, keine Ahnung, wie das ausgesprochen wird), einem Lokal, fließt ein kleiner Bach entlang der Straße und der dazu gehörige Wald ist ebenfalls sehr einladend. Da dort der Autoparkplatz ist, fahre ich jetzt allein auf dieser Straße.
Die Straße endet direkt am Sandstrand in einem kleinen Umkehrplatz, wo ich kurz am Rand einparke.

Der Sandstrand ist relativ groß, ist jedoch auf beiden Seiten durch vorspringende Klippen abgegrenzt.
Ein mit Naturstiegen ausgelegter Pfad führt auf eine Anhöhe hinauf, von der sicher ein besserer Überblick wäre. Aber den Aufstieg spare ich mir.
Die frische Brise der irischen See reicht vollkommen, um alle Lebensgeister wieder zu wecken und erinnert mich an unseren Stopp in 2017 an der kurischen Nehrung.  Ich bilde mir ein, dass ich draußen zwei Wasserfontänen  gesehen habe die von Walen  stammen könnten, aber aufgrund der unruhigen See bin ich mir nicht ganz sicher.
Ich schwelge in Erinnerungen und den frischen Eindrücken  und mache mich wieder auf den Weg zurück zur A487.
Dort biege ich nach links ab und weiter geht es in Richtung Aberystwyth (Aber-Ystwyth – Die Mündung des Flusses – Ystwyth)
Die Stadt liegt an einer ca. 3 km langen Strandpromenade, die im Norden von  hohen Klippen, dem Constitution Hill abgeschlossen wird. Auf den Hügel führt eine Standseilbahn hinauf. Ich glaube, die Aussicht von dort oben wäre normalerweise sicher nett. Aber im Moment hängen Wolken und Dunst viel zu niedrig, um eine schöne Fotoaussicht zu haben. Der Preis für die Bahn wäre jedenfalls moderat.
Während ich Fotos an der Strandpromenade mache, pirscht sich ein Clochard an mein Motorrad heran, beäugt es und kommt dann auf mich zu.
Ich denke mir noch, hmmm? Da spricht er mich im lupenreinen Deutsch an und erklärt mir, dass er bereits in Österreich war und wie es ihm dort gefallen hat. Zuerst bin ich ein wenig baff. Aber wir unterhalten uns noch eine Weile und so erfahre ich, dass er in einer bayrischen Brauerei gearbeitet hat, dann aber zurück nach Wales wollte. Mit dem englischen Bier aber dann auch nichts mehr anfangen konnte. Das kann ich zumindest nachvollziehen  😉

Wir verabschieden uns, ich “tanke“ noch im Ort eine Tafel Cadbury bevor für mich die Reise weiter geht nach Norden. Das letzte Stück führt mich nach Tywyn, ein Ort der ebenfalls an der Küste liegt und nur mittels Umfahrung der Mündung des  Dyfi, über die Pont ar Dyfi, weit im Landesinneren,  erreichbar ist.
Logischerweise nennt sich der Ort an der Mündung selber?  Nah?   Wer hat aufgepasst?`  Aberdyfi  J  Damit beende ich aber schon die Welsh Sprachlernstunde und konzentriere mich lieber auf die bunten Häuser die hier, zwischen Berg und Küste eingeklemmt, ein nettes  Städtchen  entstehen haben lassen.



Auch die Bahnlinie die schon die ganze Zeit, parallel zur Straße,  dem Mündungsverlauf gefolgt ist  hat hier natürlich eine Station.
Der Platz lädt zum länger Verweilen ein.  Aber das Wetter zeigt sich nach wie vor nicht von seiner netten Seite, so bleibt mir nur der Trost den Ort virtuell über GoogleMaps  und der Bilder dort zu besuchen. Hierher möchte ich jedenfalls unbedingt wieder kommen.

Meine Straße führt aber weiter an der Küste entlang, links ein niemals enden wollender Sandstrand, rechts die Ausläufer des Snowdonia NP. Die Gegend wird immer einladender.  In Tywyn biege ich wieder ins Landesinnere ab, nicht, ohne vorher das Motorrad aufzutanken und mir ein Quartier gesucht zu haben.
Mittlerweile ist klar, dass die Böden  durch den mittlerweile  4 Wochen anhaltenden  Regen in der Region so durchnässt sind, dass ich mit dem Motorrad und Zelt versinke, wenn ich von der Straße abfahre.

Ich melde daher, solange ich noch Datenempfang habe, meine Reservierung in Castleton von Zelt auf Zimmer um und buche ein Zimmer für heute Nacht in Minffordd.
Da der Ort inmitten des NP liegt, gibt es wunderschöne Seen und Berggipfel zu sehen und zu fotografieren. Infrastruktar kann frau dort aber nicht erwarten.
Die Anreise über die letzten  25 km, die die ganze Zeit bergauf in das Tal hineinführen, erinnert mich schon fast an Glencoe. Als ich um ca. 17:00 Uhr beim Hotel vorfahre, ist gerade eine Wandergruppe am Aufbruch nach Hause. Ein Teilnehmer der  Gruppe hat früher eine Versys besessen und überlegt sich laut, auf Grund der Tatsache, dass meine Anreise offensichtlich nicht gerade kurz war, ob er nicht einen Fehler gemacht hat sie zu verkaufen. Ich kann nur sagen: „JA.“  😉  
Meine Versys hat jetzt ca. 90.000 km am Buckel, das letzte reguläre Service in einer Werkstätte hatte sie bei 48.000 km, seit dem warte ich sie selbst und die §57 Plakette (Tüv, Pickerl) war niemals ein Problem.   Das Urteil des letzten Mechanikers war: „Null Ventilspiel, keine Abnutzung am Motor“.  Ein robustes Wunderding, das noch dazu (man und frau verzeihe mir den Ausdruck)  saugeil  fährt. Ich kann mit ruhigem Gewissen behaupten: Ich habe niemals davor und danach  beim Kauf eines Geräts eine so gute Wahl getroffen.

Das „Hotel“ war früher sicher eine Poststation und hat Flair. Da ich außer dem Müsliriegel heute noch  nichts gegessen habe bin ich auf das Essen gespannt.
Die Pächter des Hotels sind ein älteres Ehepaar, das ihre Pension auf diesem Weg ein wenig aufstockt. Umso überraschender ist es, dass ich am Abend (19:00!  Ein Wunder, dass die Cadbury das überlebt hat) ein Dinner aufgetischt bekomme, dass den Vergleich mit einem 3 Hauben Lokal durchaus standhalten kann. Und die Portion war so gewaltig, das mein Kost reduzierter Magen irgendwann aufgeben musste. Ein Jammer….

Ich habe natürlich das Dachgeschoß Zimmer wieder zu einer Trockenstube umfunktioniert, auch hier ist – löblicherweise – alles sehr gut beheizt.
Nach dem Essen nutze ich das Kaminzimmer und vor dem knisternden Feuer schreibe ich meine Erlebnisse des heutigen Tages nieder.
Wetter:  Regen: wenig, viel, wenig, viel, wenig
Temperatur: zw. 13° und 15°

Tagesetappe 10h
Distanz:  430km

5 Kommentare

    1. Verstehe … 😉
      Wennma die Noppen so klein gefahren hat, daß sie w.o. geben und trotz Loctite hochfest (wie auf dem Bild zu sehen ist) ausfallen wie Zähne bei Skorbut oder man sie fürsorglich abschraubt, damit ihnen nix passiert, sind die armen Rasten dran. Is‘ schon blöd, wenn es mittlerweile Reifen gibt, die bei +50° Lage noch immer grippen…
      Daher bleib‘ ich bei meinen Stopplern und hab jederzeit eine glaubwürdige Ausrede, wieso die nicht bis zur Flanke abgefahren und deswegen auch die Fußrasten ohne jede Beschädigung sind.

  1. Video diesmal erst nach dem Bericht entdeckt, Mündung: hat mir der Jutuba-Spion unter ‚Empfohlen‘ serviert !
    Start schon wieder vor dem Frühstück, hmmm …. da scheint ein System dahinterzustecken 😉 … es is schon fast nipponsisch, stets davor auf die Jagd zu gehen – und dann nur ein Müsliriegel für den ganzen Tag, die Cadbury’s gespart und am Abend voll vollgestopft ? Vorsicht – dickes Abendessen macht dick … ;-}
    Also das mit der Sprache in W(h)ales-Wale(s), die ja schon fast so üppig wie das satte Grün des Bodens ist und nach Irland klingt, is eigentlich einfach: manfrau ersetzt die fehlenden Konsonanten durch passende und schon wird aus Plwmp Tart ein plumper Pfeil – rechtschreiben können sie halt obendrein nicht, die Cockneii_iihs. Aber sonst geh’n sie sehr wirtschaftlich mit ihrer Sprache um. Beim Schreiben. Angeblich reden sie dafür deshalb so langsam und langgezogen … 😉
    Ich hab einmal eine Französisch-Kanadierin mit walisischen Wurzeln auf einem Konzert mit John Abercrombie kennengelernt – die hat mich dann aufgeklärt, was ihr der Name in ihrem Sprachkonglomerat eigentlich sagt, zu meinem großen Glück später einmal auch physisch. Findet sich bestimmt was unter Gugl … 😉 … und dann weißt du, daß ich leicht aufpassen hab können weil ich bereits wußte und hältst meinen ersten Satz nun nicht mehr für einen Verschreiber 😉
    Die Wale könnten auch lediglich von Kämmen abgewehte Tropfen gewesen sein – ich hab sowas schon öfters für eine Fontäne gehalten im ersten Moment, hab jedoch noch keine in natura gesehen, glaub ich, jedenfalls keine bestätigte 😉 – und hab auch keine Ahnung, ob Wale im Sommer an Wales vorbeischwimmen, mit oder gegen den Golfstrom, der sich bei Lands End teilt – soviel glaube ich, zu Recht zu wissen…
    Und ja: Saugeil kann ich bestätigen, zumindest optisch: weil so schnell wie eine XR scheint sie mindestens zu sein, wenn man oder manchmal sogar frau sie zu bewegen weiß – jedenfalls solche Weiber, welche ihr die Bolzen an den Fußrasten anschleifen könnten (serienmäßige Ausführung, nicht tiefergelegt) … zum Glück für die stolze Männlichkeit gibt’s solche ja nicht – oder kennst du eine ;-? Über ‚den Weg gelaufen‘ is dir so eine bestimmt noch nicht, oder ? Oder kann das die weiße Versys ?

    Schön is anders, was das Wetter und die Launenmache betrifft. Aber was is is eben und so gesehen war es ein gutes Tagesetmal und gar nicht wenig …
    Na – morgen wird’s bestimmt schön werden … 😉

    btw: konntest‘ mit dem 15°-Samstag moppetmäßig ‚was anfangen vor 10 Tagen oder hatte anderes Vorrang ? Mich hat’s glatt in die Bucklige Welt und bis zum G’schriebenen verschlagen – ohne jede Feindberührung, nur Rolla 😉

    1. Ja, die Cadburries sind heimtückisch, aber leider auch nicht mehr so gut, weil mit Milch zu Milchschokolade verwässert.
      Fußrasten: Ich kenne leider keine, nein. Die weiße Versys Treiberin ist aber auf jeden Fall noch besser unterwegs.
      Wir haben das mal bei einem Tagesausflug nach Admont getestet :o. Hatte aber von Kindesmotorrad an das ganze Waldviertel vor den Rädern…
      Leider möchte sie nicht mehr fahren und ich gondle daher …
      Das Wetter wird natürlich besser werden, muss es ja irgendwann einmal… 🙄

      1. Ich kann mich an den Bericht erinnern und auch daran gelesen zu haben, daß sich die Frage nicht wirklich stellte, wer sich die Kurven mehr gibt 😉 … aber etwa zur gleichen Zeit gab es ein Bild von angeschliffenen Noppen von Fußrasten einer Versys eines Ring-Nachmittages und die war schwarz … ich dachte, es wäre deine gewesen. Muß ich mich wohl geirrt haben … 😉

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