Parlez vous francais?

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Oh, là là!  Was war denn das?
Irgendwie taumle ich noch immer von einer Kurve in die nächste. Hört das denn überhaupt nicht mehr auf?
Damit könnte ich die Erzählung über die Teilnahme an der National Rally der  französischen Wimas  auch wieder beenden.  Alles ist gesagt. Alles?

Col de I Iseran

Nein, den genau so wie ein gallisches Widerstandsnest (aber das ist eine andere Geschichte) hat sich die Wima Frankeich aus ihren Resten erhoben und ein starkes Zeichen für einen Neubeginn gesetzt.
Ihre Einladung ging an alle Länder und wer war natürlich dort?  Ich!  😉

Kann ich französisch? non

War ich schon mal dort?  non

Habe ich Karten von Süd- bzw. Westfrankreich?  non

Französische Franc?  non,

brauch ich aber dank Euro nicht mehr  😛  , na immerhin, ein Qui.  Wir fahren!

Ungefähr so kam der Entscheidungsprozess  zustande, ein „wenig“ Neugier war natürlich auch dabei.

Alpenblick

Der erste Teil der Anreise war aus Zeitgründen mit dem Transporter in dem unsere  Motorräder verstaut waren,  aber ab  der Schweizer Grenze waren wir auf unseren zwei Rädern unterwegs und taumeln seither auf endlosen Bergstrecken über einen Pass nach dem anderen. Wir haben uns 4 Tage Zeit genommen, um die Anreise bis nach Embrun  zu absolvieren. Deshalb können wir jetzt bei der Route aus dem Vollen schöpfen.
Klausenpass, Furka, Gr. St. Bernhard, Kl. St. Bernhard, Col de Iseran, Panne, Col de Telegraphe, Col de Galibier, Col de Izoard, Col de Vars, Val de Ubaye, L’Adroit de Pontis, Embrun,

Dort treffen wir am späten Nachmittag ein und werden schon von den anderen Teilnehmerinnen  in Empfang genommen.
Die Zimmer sind schnell verteilt und wir erkunden die Herberge und die nähere Umgebung.
Das Abendessen ist klassisch  französisch und schmeckt vorzüglich. Die Stimmung ist sehr gut und wir sind gespannt auf das morgige Programm.  Der Tag war lang und so kriechen wir schon bald in unser Bett.
Am nächsten Tag ein gutes Frühstück und die Lebensgeister sind zurück.  Die Route ist  ähnlich zum Vortag, nur eben in umgekehrter Richtung.  Deshalb beschließe ich die „direkte“ Route   (la voie directe) zu wählen und über den Col du Parpaillon abzukürzen.  Der Col hat einen  Schwierigkeitsgrad von 3-4  und ich habe Straßenreifen und eine Kawasaki Versys zur Verfügung?  Aber einen Punkt kann ich als Plus anführen, meine Hardenduro Praxis.  Es wird wohl eine Zeit dauern, denn schnell fahren wird es daher auf den ca. 35km  Schotterpiste nicht geben,  die Koffer lasse ich am Bike, damit es im Falle eines Sturzes nicht komplett aufliegt,  220kg will ich nur ungern vom Boden hochhieven, ich nehme Gewand, Essen und Trinken ausreichend mit und ich deaktiviere das ABS an der Versys (Sicherung ziehen  😉  )

Der erste Abschnitt zur Anfahrt bis zur Schotterpassage ist wunderbar, die Dörfer werden immer kleiner und die Berge vor uns immer höher. Und auf einmal ist sie da die Schotterpiste. Beim Befahren der ersten 200m habe ich kurz Mitleid mit der Versys und frage mich, ob die Idee wirklich gut war?  Das ist keine Schotterstraße, dass ist bereits eine markierte freie Wildbahn. Ich könnte ja noch schnell umdrehen und die Fahrt rund um die Bergkette herum aufnehmen? Ich wäre auch so sicher rechtzeitig beim  Treffpunkt…..
Aber dann siegt der Ehrgeiz und die Neugier auf das was da noch kommt, es ist ja klarerweise nur der Anfang , da kommt doch sicher noch was. Ich will es jetzt einfach wissen, basta. Und natürlich kommt noch was. Natürlich wird der „Weg“ nicht besser, eher im Gegenteil, ab er mit der Zeit gewöhnt sich die Versys an das ungewohnte Terrain und ich werde auch wieder ruhiger und gelassener.

Col du Parpaillon

Und so kriechen wir gemütlich  (Durchschnitt ca. 10-20km) und gleichmäßig den Berg hinauf. Die Prolog  Erfahrung hilft hier eindeutig, die vorausschauend gefahrene Linie erspart so manche Überraschung und deren gibt es viele am Weg.  Es braucht ca.  45 min, die ich stehend den Berg hinauffahre, bis vor mir das Tunnelloch  unterhalb des Grats auftaucht.  Außer mir sind zwei Schweizer mit zwei CRF 250L und würdiger Stoppelbereifung vor Ort.  Ihre Blicke zeigen ein wenig Verwunderung als das Versys Dampfschiff auftaucht.  Als ich den Helm abnehme um – möglicherweise 😉 –  einen Wima Sticker auf dem Passchild anzubringen, sind sie endgültig erstaunt.
Ich lächle still in mich hinein und beginne mit der Durchfahrt durch den Tunnel. Die Berichte im Internet über die Passage sind alle sehr durchwachsen.
Dieser ist ein Naturtunnel mit abwechselnd trocken Abschnitten und dann wieder Wasserpassagen, zum Finale auch noch mit Lehmschlamm  am „Boden“. Jetzt heißt es einfach gleichmäßig und mit Schwung durch. Steckenbleiben, oder wegrutschen, würde hier keinen Spaß machen.  Die Sonne scheint von der anderen Seite in den Tunnel und ist ein wohltuender Kontrast zur Schwärze des 500m langen Tunnels.
Und so stehe ich nach wenigen Minuten auf der anderen Seite des Tunnels und habe ein atemberaubendes Gebirgspanorama vor mir.

Die Sonne scheint hier auf ca. 2600m sehr intensiv, und es ist ungewöhnlich warm. Eigentlich eine gute Basis, um vor der angekündigt, noch schlechteren Bergabroute eine kurze Pause zu machen und ein wenig vom mitgebrachten Lunchpaket zu kosten?

Ganz schlechte Idee Versya, ganz schlecht. Als ich den Koffer öffne kommt mir mein „Essen“ entgegen. Kurz zusammengefasst: Es schaut so aus, als hätte es sich übergeben.  Rasch schließe ich den Koffer wieder und probiere zu vergessen was ich gerade gesehen und gerochen habe. Da muss ich mich wohl mit dem Wasser aus meinem camelback begnügen. Notiz an mich:  Essen vibrationsgeschützt sicher verstauen!
In der Zwischenzeit sind auch Schweizer mit Honda Dominators eingetroffen und ich ersuche sie ein Foto von mir zu machen. Schließlich möchte ich auch einen Beweis haben, dass ich wirklich hier war.

Nach einer kurzen Rast starte ich die Bergabfahrt und ich bin froh, dass ich das ABS ausgeschalten habe. Hier würde ich einfach über die nächste  Kuppe drüber rattern, aber so finden die Hinterreifen immer genug Grip, um mit Motorbremse und feiner Hinterradbremse  die Spur zu ziehen.    Bis, ja bis ich, unvorsichtig geworden, vor lauter umherschauen  und für einen kurzen Moment unkonzentriert, die falsche Spur wähle die mich zu nahe an den Kurvenrand führt.
Dort liegt sehr loses Geröll und ich greife zu allem Übel kurz in die Vorderbremse, um nicht über die Kuppe zu fahren.
Es geht ganz schnell, das Vorderrad rutscht weg und die Versys kippt nach innen. Bei 210kg gibt es nur noch eines, sich vom Motorrad zu entfernen  ;-).  Ich rolle ein Stück über Steine und Staub um mich gleich aufzurappeln und die Situation zu betrachten.
Die Versys liegt mit den Rädern bergauf in der Kurvenneigung, dank Koffer – wie geplant – zumindest nicht komplett ungünstig. Bei meiner Hardenduro würde ich diese nun zuerst am Boden drehen, damit das Aufstellen leichter fällt, aber ich möchte die Versys nicht über diesen Steinboden ziehen, wenn es nicht unbedingt nötig wird. Daher jetzt tief durchatmen, einen guten Halt am Boden und an der Versys suchen, und hauruck die Maschine wieder aufrichten. Es gelingt mir mit dem ersten Ruck diese bis zum Oberschenkel zu bringen und sie so etwas abzustützen. Blöderweise rutschen die Schuhe auf diesem Boden langsam weg. Fieberhaft suche ich mit dem zweiten Bein einen neuen Halt, finde ihn und mit einem zweiten Ruck bringe ich die Maschine so weit hoch, dass das Gewicht von den Rädern aufgenommen wird, damit kann ich sie final in die Senkrechte bringen. Phhhhhhuuuuuuu, das Blut rauscht in den Ohren, die Lunge keucht, aber die Versys steht. Es hat sich wieder einmal bewährt den Adrenalin rush nach einem Sturz sofort für Action zu nutzen.  😉

Noch einen Platz zum Ständer ausfahren gesucht und einmal kurz durchatmen.  Schadensaufnahme: Der linke Koffer schaut schlimm zerkratzt aus und ein paar Sticker sind beleidigt, der Handguard ebenfalls, ansonsten ist der Versys nichts passiert. Perfekt! Wie schaut es bei mir aus,  kurz einmal checken: Gewand? Ok. Helm? Ok.  Kamera? Läuft!   Ah, ich hab es auf Video! Yess !  🙂  An der linken Handfläche ein erster Bluterguss, da dürfte ich einen Stein beim Fallen gehabt haben.  Np.
Also wieder aufsteigen und einfach weiterfahren. jetzt natürlich wieder vorsichtiger! Schade, denn die Gegend ist immer noch sehenswert.  Weiter unten kommen mir wieder Endurofahrer entgegen.  Aber zu spät meine Herren, zu spät. Eigentlich gut so, keiner hat mein Hoppala gesehen, keiner wird es jemals erfahren,   hrhrhr.

Mit einem gemeinen Grinser im Gesicht fahre ich wieder flotter weiter bergab, der Weg wird langsam besser und geht dann unvermittelt in eine recht gut ausgebaute Schotterstraße über. Eigentlich ist diese Seite um einiges fieser, denn von hier kommend täuscht die breite Schotterstraße vor,   dass da nichts (wesentlich) schlimmeres mehr kommt.  😉  Ich sause jetzt wieder flotter bergab und erreiche nach weiteren 10 km wieder asphaltierte Pfade. Schön war es und durch die kurze Pause am Berg ist noch so viel Zeit übrig. Ich studiere daher die Karten und finde einen Pass, den wir gestern aus

Am Col de Bonette

Zeitgründen nicht mehr gemacht haben. Den Col de Bonette. Er ist der höchste Alpenpass von Frankreich mit ca. 2800m und hat noch eine weitere Besonderheit. Sein Gipfel wird von der Passstraße komplett umrundet (das letzte Stück wurde vor einiger Zeit einfach herausgesprengt und damit die Einbahn um den Gipfel geschaffen.
Rasch sause ich den Berg hinauf und dann gleich wieder hinunter, denn zum Treffen am Col de Larche ist es nun doch noch eine Zeit zu fahren, aber da ich die Strecke noch vom Vortag kenne bin ich fast pünktlich vor Ort.
Das Picknick (das ich schwesterlich von anderen geteilt bekomme)  am Pass ist wunderbar, das Wetter ist einfach unvorstellbar! wieder ein Wima Wunder. wir haben Ende September und sitzen hier auf über 2300m und es ist angenehm warm.   Meinen Kofferinhalt habe ich am Parkplatz entsorgt  und mit einer Mineralwasserflasche den koffer ausgespühlt, ich fürchte nur den Geruch bekomme ich nicht mehr los….

Wima France Meets

Natürlich gibt es noch ein Gruppenfoto mit unserer fast 50 köpfigen Runde und dann brechen wir wieder in kleinen Gruppen auf zurück über den Col de Vars und Guillestre  nach Hause. Es gibt wieder eine wunderbare Abendveranstaltung.

Aber auch heute halten wir es eher kurz, denn morgen geht es wieder nach Norden retour in Richtung Albertville, und die weiteren Tage (jetzt mit kühlem Wetter) weiter nach  Chamonix , Martigny, Gstaat.
Am Weg liegen wieder viele Pässe und coole Strecken wie: Saint de Appollinaire, Col de Parquetout, Col du Glandon,  Col de Fer, Col de la Madeleine Col de la Croix, Sustenpass, Pragelpass, und einige dazwischen, die ich schon wieder vergessen habe….

Einmal noch treffen wir auf eine Wima France Gruppe und verbringen zusammen die Mittagspause, dann trennt sich der Weg endgültig.  In Glarus beginnt dann die Suche nach einem Schoggi Geschäft, denn schließlich müssen wir für die zu Hause gebliebenen eine Entschädigung für die letzten 10 Tage mitbringen und natürlich werden wir fündig  😉

3 Kommentare

      1. … und mir ist jetzt klar, weshalb ich die Frankreichreise mit der ~90° Schräglage damals nicht entdeckt hab – da war ich auch französisch unterwegs, auf Maisoneuve-Bruch – Tour; oder ich wollt‘ lokal halt nicht so omnipräsent sein wie auf den internationalen Inclinedposition-Sites, auch eine Denkmöglichkeit ;}

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